Wie ich zum ZX81 kam

Im Frühjahr 2004 war ich mit meiner Schwester und meinem Bruder auf einem Flohmarkt, der zunächst recht klein und wenig vielversprechend wirkte. Ich sah mich kurz um, bis ich auf einem unordentlichen Tisch ein kleines schwarzes Kästchen entdeckte. Ich habe ein zweites Mal hingesehen, ein drittes Mal - kein Zweifel, hier stand tatsächlich ein ZX81 vor mir. Mein Herz raste vor freudiger Erregung, ich hatte davor erst einmal einen Zeddy in echt gesehen und kannte die Dinger sonst nur von Fotos. Nun galt es also das gute Stück an Land zu ziehen. Neben dem schwarzen Türstopper stand noch ein grobklotziger brauner Kasten mit dem Aufdruck "Chess Champion Super System III" und eingebettet war das alles in einem undurchschaubaren Kabelgewirr. Meine Schwester hatte bemerkt, daß ich diesen Komplex eine Weile begutachtet hatte und fragte mich, ob das denn etwas interessantes sei. Kurz erklärte ich ihr, daß es sich hierbei um eine Legende der Computerhistorie handle, die unbedingt zu erwerben sei, mußte aber innehalten, da der Verkäufer nahte und ich meine Verhandlungsposition ja nicht schwächen wollte.
Beiläufig fragte ich ihn, auf das schwarze Kästchen deutend, was denn das für ein Taschenrechner sei und wieviel er denn kosten solle.
Der gute Mann stutzte etwas, schaute genau auf das Gewirr von ZX81, Kabeln und dem besagten "Chess Champion", holte Luft und antwortete mit überzeugter Inbrunst: Das ist doch... der Schachcomputer! Mit dem kannst Du genauso spielen wie mit jedem anderen Gegner. Für fünf Euro kannst' ihn mitnehmen!" Ich mußte schlucken. Wahnsinn! Der gute Mann hatte echt keine Ahnung. Nicht nur, daß er glaubte, der Sinclair stellte irgendein Zubehörteil des Schachcomputers von anno dazumal dar - was ihm ihn dem Kabelgewirr auch verziehen sei - nein, er hatte offensichtlich auch keinen Schimmer vom Wert dieses Teiles.
Viel zu verhandeln gab es da nicht mehr, ich habe alles in eine große Plastiktüte gesteckt und daheim in Ruhe begutachtet.
Was ich letztlich für fünf Euro bekommen habe: ZX81 mit Netzteil 1,2A, 16k Erweiterung, alle Kabel, das Originalhandbuch und den Lehrkurs "Wie benutze ich einen Computer" von der Deutschen Postgewerkschaft, bestehend aus 10 Heften (Ist dieses Werk bekannt?). Und als Dreingabe natürlich noch den antiquierten Schachcomputer, selben Baujahres wie ich (1979).
Kein schlechter Fang, oder?

Daheim habe ich das Kästchen natürlich sofort an den Fernseher angeschlossen und auf Kanal 36 erwartete mich außer einem höllischen Rauschen ein weißer Bildschirm mit schwarzem K-Cursor am unteren Rand.
Was sollte ich damit anfangen?
Vielleicht läßt man den "Personal Computer" als erstes eine Printzeile drucken.
Also schnell "PRINT" eingetippt - und eine Fehlermeldung erhalten. Warum steht da "Print rint"? Des Rätsels Lösung, die mehrfachbelegten Tasten und die verschiedenen Modi habe ich mit Hilfe des Handbuchs schnell herausgefunden. Trotzdem sollte es noch einige Zeit dauern, bis nicht mehr "PRINT RINT" oder "FOR OR" auf dem Bildschirm standen.
Schnell begriff ich auch, daß der ZX einen festen Stand bevorzugt, besonders, wenn die Speichererweiterung eingesteckt ist und daß gegen Abstürze und Wackelbilder oft nur der Reset, sprich: Stecker ziehen hilft.

Zu einem Absturz der tödlichen Sorte sollte es kurze Zeit später kommen.
Nachdem ich beim Basteln einen C128 ins Nirvana geschickt hatte (Merke: der Haartrockner ist kein Werkzeug für den Elektronikbastler!) räumte ich wutentbrannt mein ganzes Computerzeug in eine Ecke. Was mir dabei entgangen war: Das Speckbrettle muß unbemerkt vom Schreibtisch heruntergefallen sein, was an sich nicht so schlimm gewesen wäre, hätte ich nicht eine Commodore Doppelfloppy draufgestellt. Wer die Teile kennt, weiß, daß sie so viel wiegen wie ein Kleinkind, nur wesentlich scharfkantiger sind, was der Tastaturfolie des Sinclair nicht gut bekommen war. Anstelle der "G" Taste klaffte nun ein Loch und bei meinem Reparaturversuch habe ich das gute Stück vollends geschrottet, indem ich die Folie trotz größter Vorsicht in zwei Hälften gerissen habe.

Später habe ich mir noch zum unverschämten Preis von 23€ (inkl. Porto) bei **** einen ZX81 ohne alles mit 6 Softwarecassetten zugelegt. Der zaghaft ausgeführte erste Funktionstest sämtliche Tasten auszuprobieren verlief positiv, bis zum Buchstaben "V". Die rechte Hälfte der unteren Reihe ließ sich nicht ansprechen, wieder an ein kaputtes Exemplar geraten!
Aus lauter Frust hat mich die Sache nicht weiter interessiert und das Thema "ZX81" war für mich erledigt.

... zumindest bis kurz vor Weihnachten 2006.
Ohne bestimmtes Ziel durch die Warenwelt des bunten Auktionshauses mit vier Buchstaben surfend, entdeckte ich einen ZX81 mit Drucker, Speichererweiterung und Ersatztastatur(!), der kurz vor Auktionsende bei 12 oder 13€ stand. Bei diesem Spottpreis fiel mir auf die beiden tragisch von mir gegangenen Zeddys ein - das wäre DIE Gelegenheit, einen funktionierenden Nachfolger zu beschaffen.
Die Verkäuferin schien nicht viel Ahnung von dem Teil zu haben, bisher war sie nur als Anbieterin von Babyklamotten in Erscheinung getreten und die Artikelbeschreibung hatte sie kurzerhand aus Wikipedia kopiert. Schlechte Scherze a la: "Konnte das Gerät mangels Netzteil nicht ausprobieren" oder "Bild kommt, kenne mich weiter mit dem Gerät nicht aus" hatte ich also hier nicht zu erwarten, es konnte sich nur um einen Dachbodenfund handeln wie bei dem ersten Zeddy vom Flohmarkt.
Nachdem sich meine liebe Freundin - in ungeahnter weiblicher Toleranz für mein Hobby - bereit erklärt hat, aus diesem Angebot mein Weihnachtsgeschenk zu machen, solange es nicht mehr als 30€ kostet, habe ich geboten, den ZX81 ersteigert und zugeschickt bekommen.

Am Heiligabend habe ich das Paket dann endlich ausgepackt, alles nach Vorschrift verdrahtet, freudig erregt eingeschaltet und - nichts geschah! Der ZX lieferte statt eines Fernsehbildes nur Geflimmer, der Printer gab überhaupt kein Lebenszeichen von sich, es sah nach einem echten Reinfall aus.

Zwei Tage später, nachdem der größte Weihnachtstrubel überstanden war, beschloß ich, mit einem Schraubenzieher bewaffnet, der Sache auf den Grund zu gehen.
Siehe da: beim Drucker war nur ein Kabelschuh lose. Aufgesteckt, angeschlossen, ZX eingeschaltet, Line Feed gedrückt - und das Teil fing an loszurattern wie wild!
Erster Teil erledigt.

Beim Computer habe ich zunächst an der Einstellschraube des Modulators herumgedreht, ohne Erfolg. Nachdem ich aber zwei funktionierende Mainboards herumliegen habe, sollte doch wenigstens zwei defekten Zeddys einer gemacht werden können:
"Einmal Tastatur ok und Platine defekt + einmal Platine ok und Tastatur im Eimer ergibt einen tadellosen", so dachte ich mir. Mit äußerster Vorsicht habe ich die Verbindungsstecker zum Keyboard aus den Buchsen gezogen und sie noch vorsichtiger eingesteckt, denn die Leitungen sehen aus, als ob sie gerne mal abknicken.

Stecker rein, K erschein, alle Tasten gehen - es ist geschafft, endlich habe ich wieder einen funktionierenden ZX81.

Bei der Gelegenheit habe ich mir das als zweites erworbene Gerät nochmal genauer angeschaut und festgestellt, daß einfach die Verbindung zur Tastatur soweit eingerissen ist, daß eine Leiterbahn durchtrennt ist. Daher also der Fehler in der untersten Reihe, wer rechnet denn damit, daß es so einfach ist. Leider habe ich mir bei der Überprüfung den Stecker abgeknickt, so daß jetzt nur noch die Hälfte der Tasten gehen, bin aber zuversichtlich, daß durch Kürzen der gerissenen Leitung und den gezielten Einsatz von Leitsilber sich dem funktionierenden ZX81 bald ein Kompagnon hinzugesellen wird.

 

 

Weitere Informationen zum ZX81 folgen hier, sobald ich dazu die Zeit finde.
In der Zwischenzeit kann man im Netz tonnenweise Infos über dieses Stück Technikgeschichte finden. Besonders empfohlen sei die Seite des ZX-Teams (deutsch und englisch!), eine wahre Fundgrube, hinter der noch echte Enthusiasten stecken!